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Große Überfahrt nach Martinique

Tag 1 (14.12.2023)

Die Leinen sind los, die Segel sind gesetzt, Karibik wir kommen! 🙂

Wir starten am frühen Nachmittag, die Luft ist schwül und die Sicht sehr diesig, es liegt einiges an Saharastaub in der Luft, benachbarte Inseln sind nur schemenhaft zu erkennen. Es ist gut Wind und 1,5-2 m Welle. Am Ende des Tages haben wir gut 50sm geschafft.

Tag 2 (15.12.2023)

Die Nacht war ziemlich schaukelig, am Morgen wurde es ruhiger. Wir wechseln von Genua auf Gennaker. Nachmittags reißt plötzlich die Tack-Leine des Gennakers; sie hat sich an einer Stelle des Gennakerbaumes aufgescheuert, das riesige Segel flattert unkontrolliert durch die Luft. Gott sei Dank sind zu diesem Zeitpunkt drei Personen im Cockpit und wir können den Gennaker gemeinsam schnell und unbeschädigt bergen. Den Rest des Tages bleibt der Wind konstant auf NO und wir segeln mit Genua und Groß erst im Schmetterling, dann zur Nacht beide etwas gerefft auf Backbord.    –    Etmal: 121sm

Tag 3 (16.12.2023)

Wind, Welle und Strömung schieben uns konstant voran, die Sonne lässt sich nach vielen Saharasand-getrübten Tagen endlich mal wieder blicken. Alle sind wohl auf. Die Nachtwachen haben sich (mit Emilia und Luise!) gut eingependelt:

20:00-22:00 Uhr: Emilia oder Luise

22:00-24:00 Uhr: Luise oder Emilia

24:00-4:00 Uhr: Dirk

4:00-8:00 Uhr: Lena

8:00-10:00 Uhr: Emilia oder Luise

10:00-12:00 Uhr: Luise oder Emilia

(Tagsüber schauen alle bzw. jeder steuert noch 1 Stunde von Hand, um Strom zu sparen).    –    Etmal: 148sm

Tag 4 (17.12.2023)

Die Sonne strahlt uns schon am Morgen entgegen. Das freut nicht nur uns, sondern auch Leeloo‘s Batterien, die es nach einer zusätzlichen Reinigung der stark verstaubten Solarpanele endlich auch mal wieder auf knapp 80% schaffen. (Ohne den zusätzlichen Einsatz unseres Dieselgenerators kommen wir leider trotz etlicher Stromeinsparungen dennoch nicht aus; zu hoch ist der Verbrauch von Kühlschränken, Radar (nur nachts), Autopilot, Funk/AIS und Watermaker.) Auch an Bord weihnachtet es: wir backen erneut Plätzchen, diesmal gibt es Vanillekipferl, wir hören Weihnachtslieder und nachmittags schauen wir gemeinsam einen Weihnachtsfilm.    –    Etmal: 142sm

Tag 5 (18.12.2023)

Ein wunderbarer Tag: der Wind weht konstant mit 15-20kn, die Wellen sind gut 2-3m, aber angenehm lange und die Sonne scheint :-). Wir spielen viel Schach und Quixx, chillen und nachmittags beißt wieder ein wunderschöner, knapp 4kg MahiMahi an – juhuuu!!!    –    Etmal: 157sm

Tag 6 (19.12.2023)

In der Nacht hat der Wind weiter stetig mit 20-25kn geblasen. Die Wellen haben sich weiter aufgebaut und entsprechend anstrengend war die Nacht. Im Laufe des Tages bleibt es bedeckt, Wind und Welle lassen wieder etwas nach. Ab und zu kommt ein leichter Sprühregen vorbei. Ansonsten nix Besonderes.    –    Etmal: 145sm

Tag 7 (20.12.2023)

Heute gibt’s noch warme, backfrische Semmeln zum Frühstück und später als Mittagssnack Fischsemmeln. Außerdem wird Großrein gemacht: Cockpit, Salon, Bäder und Kabinen werden geputzt, alle helfen mit. Ab und an verirrt sich (wie seit Tagen) ein oder mehrere fliegende Fisch an Deck.  Manchmal lässt sich die Sonne blicken, inzwischen sind es mollige 29 Grad Lufttemperatur.    –    Etmal: 160sm

Tag 8 (21.12.2023)

Kleine Anekdote zur Belustigung aller Unbeteiligten: Die morgendliche Wache um 4:00 Uhr beginnt mit einer Erfahrung der anderen Art: Ich sitze im  dunklen Cockpit, lausche vorbei rauschenden Wellen und lasse mich vom sternenklaren Himmel verzaubern, noch etwas müde, wie immer um diese Uhrzeit. Plötzlich klatscht etwas Kaltes, Nasses an meinen nackten Oberschenkel! Ich erschrecke zu Tode. Ich zucke zusammen,  springe auf, suche hektisch nach meiner Handytaschenlampe und erblicke nach einigen Sekunden einen gut 25cm langen, dicken fliegenden Fisch neben mir zappeln. Schön ist anders. Dirk rettet den Fisch und schmeißt ihn zurück ins Meer.

Ansonsten verläuft der Tag unspektakulär. Das seit einigen Tagen vereinzelt auftretende, an der Oberfläche schwimmende Sargassum-Gras wird mehr und schließt sich langsam zu immer größer werdenden „Teppichen“ zusammen, was uns das Angeln nicht gerade leicht macht. Heute haben wir kein Glück: außer Algen und einem Stück Fischernetz samt Leine bekommen wir nichts an den Haken.    –    Etmal: 153sm

Tag 9 (22.12.2023)

Die Sargassum-Teppiche werden immer größer; sogar um die Motorschraube hat sich die Braunalge bereits verhangen 🙁 [das wird irgendwann noch einen Tauchgang für Dirk geben]. Der Wind nimmt weiter ab, wir wechseln wieder auf den Gennaker und kriechen im Sonnenschein dahin. Heute haben wir Bergfest! Die Hälfte ist geschafft!!! 🙂    –    Etmal: 135sm

Tag 10 (23.12.2023)

Zum Frühstück wartet ein noch warmer Bananen-Kokoskuchen auf die Crew :-). Der restliche Tag verläuft eher schleppend: der Wind hat stark nachgelassen und mit Gennaker dümpeln wir mit 4-5kn so dahin. Bei sonnigen 29°C Lufttemperatur chillen wir uns mit Schule, Lesen, Spielen durch den Tag; abends gibt’s wieder einen Familien-Kinoabend.    –    Etmal: 120sm

Tag 11 (24.12.2023)

Weihnachten. Mal ganz anders. Ohne Freunde und Verwandte, ohne Kälte und Schnee, ohne Kirche, ohne riesiges Weihnachtsmenü, aber auch ohne Hektik, Stress oder sonstige Verpflichtungen. Als wir aufwachen, scheint die Sonne und mehr als Bikini und Badehose möchte man nicht anziehen, so warm ist es. Hannes und Lena backen für alle frische Semmeln und es gibt ein tolles Weihnachtsfrühstück. Wir spielen viel, essen jede Menge Plätzchen, hören Weihnachtsmusik. 100% Familienzeit. Mit Gennaker kommen wir, trotz sehr wenig Wind, einigermaßen voran. Abends gibt es – wie angekündigt – tatsächlich mal gar keine Geschenke, dafür „Pulled Pork-Atlantik Spezial“ und Schwäbische Kas‘spatzn, sowie Familien-Kuscheln auf der Kino-Couch, natürlich mit noch mehr Platzerl :-).    –    Etmal: 122sm

Tag 12 (25.12.2023)

Am Morgen des 25. gabs dann für alle doch noch ein paar kleine Geschenke – wir sind ja jetzt (fast) in Amerika ;-), sowie frisch gebackenen Schoko-Bananen-Kuchen (ihr seht schon, die Bananen der kleinen, gekauften Staude sind reif). Seglerisch ist der Tag ziemlich mau. Am Vormittag versuchen wir noch zu irgendeinem annehmbaren Kurs mit irgendeiner Segelstellung / -Kombination irgendwie voran zu kommen, aber bis Mittag schläft der Wind vollständig ein. Die angekündigte Flaute ist (etwas früher als erwartet) da und so werfen wir das erst Mal auf diesem Schlag den Motor an und lassen uns fix und fertig nach dem ganzen Hoch und Runter und Hin und Her bei 33°C im Schatten erschöpft ins Cockpit fallen. Dank Watermaker gönnen wir uns ab und an eine kurze kühle Süßwasserdusche – was für ein herrlicher Luxus!    –    Etmal: 131sm

Tag 13 (26.12.2023)

Totale Flaute. Die See hat sich über Nacht geglättet und so gleiten wir, sanft wogend mit brummendem Motor voran. Außerdem hat nun die Starter-Batterie vollständig ihren Geist aufgegeben,- da wird’s in Martinique eine neue geben müssen. Heute ist großer Waschtag, zumindest sämtliche Unterwäsche und Badesachen, viel mehr braucht man nicht mehr :-). Und: Dirk bekommt mal wieder seine Wolle vom Kopf. Nachmittags ist es so heiß und die See so glatt, dass wir einen Badestop einlegen – herrlich erfrischend, aber auch ein komisches Gefühl, alleine so weit draußen…    –    Etmal: 145sm

Tag 14 (27.12.2023)

Die Wetterlage ist unverändert, Sonne, 34 Grad im Schatten und kein laues Lüftchen in Sicht. Wir tuckern weiter, fahren bei optimaler Drehzahl für maximales Verhältnis Geschwindigkeit/Spritverbrauch, rechnen immer wieder nach. Noch haben wir Diesel, aber ganz wird er nicht reichen bis zum Ziel. Ab Freitag ist wieder etwas Wind angesagt, hoffentlich kommt er. Der letzte Apfel ist gegessen und die letzte Zucchini ist verkocht. Die erste (von drei) Gasflasche ist geleert. Die Stimmung ist dennoch gut. Wir freuen uns mehr und mehr auf‘s Ankommen. Morgen beginnen wir Sekt und Bier für den Anleger einzukühlen. Noch 300sm 🙂    –    Etmal: 154

Tag 15 (28.12.2023)
Nachts tanken wir unsere Diesel-Reservekanister (120l) in den Tank. Blöderweise springt währenddessen der Autopilot wieder unbemerkt raus und wir fahren 1 Stunde in die falsche Richtung :-(.
In den Morgenstunden erblicken wir in unserer Nähe auf dem AIS die SY Moana (eines der beiden Boote, die mit uns von den Kanaren ausgelaufen ist und die wir auch auf den Kap Verden getroffen haben) und können ein bisschen mit ihnen via VHF funken :-).
Mittags hüpfen wir nochmal ins kühle Nass.
Das Sargassum-Gras hat wieder stark nachgelassen, in den letzten Tagen angelten wir erfolglos, aber heute Nachmittag haben wir einen wunderschönen Gelbflossen-Thunfisch an der Angel. Da eine gemeinsame Grill-Silvesterparty auf Martinique vor der Türe steht, nehmen wir ihn nur aus und gefrieren ihn ein.
Der Wind hat inzwischen wieder etwas aufgefrischt und auf N-O gedreht und so können wir endlich dem Motor eine Pause gönnen und langsam weitersegeln.
Auch zeigen sich wilde Wolkenformationen am Himmel, um uns herum immer wieder kleine Squalls und Regen, dann wieder strahlende Sonne.    –    Etmal: 130sm

Tag 16 (29.12.2023)
Es ist ein schöner und geschäftiger Tag: Morgens wird frisches Brot gebacken und neuer Jogurt angesetzt. Die Sonne scheint und der Wind ist (wenn auch wenig) wieder zurück – zum Segeln reicht‘s :-). Sobald es hell ist holen wir die Genua ein und „zünden“ den Gennaker, so kommen wunderbar voran.
Währenddessen wird (nach Frühstück und Schule) nochmal Großrein-Schiff gemacht und Dirk revidiert unsere Seewasser-Pumpe am Motor (ein Lager und ein Simmerring war hin).
Den ganzen Tag fahren wir, keine 10sm entfernt, mit der SY Moana parallel. Wir werden gemeinsam mit ihnen und der SY Lucky Jonny in einer Bucht gemeinsam Silvester feiern.
Am Abend schläft der Wind wieder etwas ein, aber das ist nun nicht mehr schlimm, da wir ausreichend nahe an Martinique herangesegelt sind, um entspannt den Motor wieder anwerfen zu können und so motoren wir weiter, in unsere letzt Nacht der Atlantiküberquerung 🙂    –    Etmal: 133sm

Tag 17 (30.12.2023)

„Man kann die Lichter schon sehen!“, sind Dirks Worte bei der Nachtwachen-Übergabe an mich. Und tatsächlich, keine 30sm trennen und nun mehr von der Bucht, die wir uns ausgesucht haben und in der die SY Lucky Jonny bereits auf uns wartet.
Am Vormittag des 30.12.2023 erreichen wir nach 16 Tagen und gut 2.200sm glücklich, dankbar und stolz die Karibik auf dem eigenen Segelboot :-). Was für ein unbeschreibliches Gefühl!!!

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Amy

    Dearest Lena and Dirk,
    Although I am an avid reader of your blog I rarely comment on ANYTHING in internet…
    You should know though➡️like everyone else, I am fascinated with your journey, each photograph is filed away in my mind, with each video you improve your technics, the music (who choses the music??) is A1+!

    Happy New Year, oh Happy Days & Nights,
    Amy

  2. Retzos

    Following your fantastic trip i feel grate for our „acquitance“ (in Italian lamguage conoscenza) …
    Many wishes for the new Year , health for all.
    Retzos

  3. Thilo Segerer

    Herzlichen Glückwunsch zur Atlantiküberquerung! Ich kann mir vorstellen was das für ein unbeschreibliches Gefühl sein muß! Ich habe ja mit segeln nicht so viel am Hut, aber mit Eurem tollen Blog muß man zum Fan werden. Man fiebert richtig mit. Rutscht gut rüber und weiterhin viel Glück auf Eurer Reise in 2024! Liebe Grüsse, Thilo

  4. Familie Rauh

    Herzlichen Glückwunsch Euch 5 Atlantiküberquerern!! 😃🥳👏👏👏
    Es ist ein Vergnügen, Euch online zu folgen. In der Flaute haben wir mitgefiebert…
    Jetzt erholt Euch gut und habt eine wunderschöne Silvesterfeier. 🍾🎊
    Guten Rutsch und liebe Grüße von Amelie, Kathrin und Norbert

  5. Divecenter Bozava

    Glückwunsch zur gelungenen Überfahrt.
    Wünschen euch eine schöne Zeit in der Karibik.
    Simone und Jens

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