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Bahamas - Long Island

Die Überfahrt zu den Bahamas von Turks & Caicos segeln wir geschmeidig durch die Nacht, vormittags fällt der Anker in der Jamaica Bay im Süden von Acklins. Wir tanken Schlaf nach, baden, schnorcheln ein bisschen und stärken uns. Nachmittags beschließen wir noch durch die nächste Nacht bis nach Clarence Town auf Long Island zu fahren, da der Wind am nächsten Tag einschlafen soll. Die Nacht wird allerdings extrem anstrengend, da mehr Wind, als angesagt ist, kommt (20-25 kn, in Böen regelmäßig bis 30kn). Die seitlich einfallenden Wellen werfen unser Boot samt Inhalt (und uns) permanent hin und her. Wir sind zwar deutlich schneller, als geplant, kommen aber ziemlich gerädert am nächsten Morgen an. Den Rest des Tages sind wir faul.

Nachdem wir einklariert haben, mieten wir uns ein Auto und erkunden bei einem Roadtrip die Insel. Diese macht ihrem Namen „Long Island“ alle Ehre: Es gibt genau eine lange Straße von Nord nach Süd von der hin und wieder ein kleiner Weg Richtung Meer abgeht. Entlang dieser Straße findet man nicht wirklich viel; kleine Hütten, einfache Bars, mal eine Tankstelle, mal ein Geldautomat, mal ein Mini-Supermarkt, ein paar Schulen oder eine Wäscherei, ein paar schöne, meist wie hier üblich bunte Häuser, auffällig viele Kirchen und auch etliche zerfallene Gebäude.

Besonders beeindruckend für uns war Dean´s Blue Hole, das mit über 200m zweit-tiefste Salzwasser-Loch der Erde, unglaublich schön anzuschauen und darin zu baden. Mutige können von einer Klippe direkt hineinspringen.

Auch das Shrimp Hole ist einen Besuch wert: hier tänzeln Hunderte von kleinen Schrimps im Brackwasser einer Höhle im Landesinneren. Wenn man möchte, kann mit Ihnen schwimmen, uns genügte jedoch der Blick von oben 😉.

Die darauffolgenden Tage bleiben uns als die Ausnahmesituation in Erinnerung, die kein Segler jemals durchleben möchte: Durch Zufall erfahren wir, dass eine schweizer Familie eines benachbarten Segelboots einen medizinischen Notfall hat. Der Vater der Familie bekommt plötzlich heftige Bauchschmerzen, die nicht vergehen. Über Stunden versuchen wir gemeinsam mithilfe zahlreicher Telefonate mit meinem Vaters (er ist Internist in Deutschland) herauszufinden, was er hat, wie ernst es ist, wie man ihm helfen kann und was er benötigt. Die Kinder der Familie (ein 12-jähriges Mädchen und ein 10-jähriger Junge) werden zeitgleich von Emilia und Luise bei uns an Bord betreut. Nach zahlreichen Bemühungen stellte sich heraus, dass es sich um einen Nierenstein handelt. Nach einer sehr unangenehmen Nacht schaffen wir es am nächsten Tag, einen Arzttermin im örtlichen „Medical Center“ der Insel für den darauffolgenden Tag zu bekommen. Die Untersuchung auf einer Sitzbank im Freien unter Palmen am Dinghi-Dock spricht Bände und außer der Bestätigung der Diagnose und der richtigen Medikamentierung können sie nicht weiterhelfen. Mit der Versicherung gibt es unzählige unbefriedigende Gespräche auf diversen Sprachen, dann soll endlich eine Evakuierung ins Krankenhaus nach Nassau gestartet werden.

Da uns die Familie, die wir erst in dieser schwierigen Situation kennenlernten, so schnell so sehr ans Herz wächst und wir sie nicht hängen lassen wollen, planen wir gemeinsam mit Ihnen die weiteren Schritte: Am nächsten Tag fahre ich mit der Mama deren Katamaran mit Patient, den beiden Kindern und Hannes (der sich inzwischen mit dem Sohn sehr angefreundet hat) in einem anstrengenden acht-Stunden-Trip in die geschütztere Calabash-Bay im Norden der Insel. Dirk fährt unsere Leeloo mit tatkräftiger Unterstützung von Emilia und Luise parallel zu uns. Nach weiteren zwei Nächten ohne Besserung und endlosen erfolglosen Telefonaten, fahren wir ein weiteres Mal in dieser Konstellation weiter bis nach George Town, der Hauptstadt der Exumas, da es hier einen größeren Flughafen gibt. Schlussendlich organisierten wir am Abend zuvor gemeinsam mit Silke selbstständig bis spät in die Nacht hinein Flüge für die vier nach Nassau und ein Hotel vor Ort. Nun drücken wir fest die Daumen, dass ihm dort geholfen werden kann – lieber Fedi, liebe Silke, wir sind in Gedanken bei Euch und drücken Euch von Herzen die Daumen, dass diese schwere Zeit bald überstanden ist!

Was uns während der gesamten Zeit dieser Geschehnisse sprachlos werden lies und wir wirklich tief beeindruckte, ist die bedingungslose Hilfsbereitschaft, die wir hier rundherum von allen Seglern ungefragt erfahren haben. Wir lagen nur in einer keinen Bucht mit wenige Booten, aber sofort boten Segler eines polnischen Bootes an, sich ebenfalls über die Nacht über einen abgesprochenen Funkkanal für einen möglichen Notfall bereit zu halten; eine norwegische Familie hatte nur Bruchstücke unseres deutschen Funkkontaktes mitbekommen und sofort Medikamente angeboten; ein weiteres deutsches und kanadisches Boot (ebenfalls mit Familien) boten jegliche benötigte Hilfe an, von Fahrdiensten, über Kinderbetreuung oder Medikamenten, bis hin zum eventuell benötigtem Bootstransfer in eine andere Stadt und kochten der Familie sogar für den ersten Tag der Überfahrt ungefragt ein ganzes Mittagessen vor. Es war eine intensive, aber wirklich sehr positiv prägende und schöne Zeit für uns, in der Menschlichkeit ganz oben stand und man wünscht sich wirklich mehr als alles andere, dass dies mehr gelebt wird, auch in Deutschland, es kann so einfach sein.

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  1. Sabine Stegen

    ….Wahnsinn!! Toller Zusammenhalt! Wünsche dem Patienten alles Liebe&Gute!! Meine Schwester hatte mal einen Nierenstein, er wurde damals mit einer Schlinge durch die Blase herausgeholt 🍀🍀🍀 Ich hoffe, es geht alles gut🙏🙏🙏 Liebe Grüße von Sabine 😘

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